Es gibt wirklich großartige Wörter. Sie neu zu entdecken, bereitet mir momentan großes Vergnügen. Vergnügen ist bereits so ein Wort. Wer ist nicht gern vergnüglich? Vor allem dann, wenn einem so gar nicht danach zumute ist. Dann braucht Vergnüglichkeit auch eine Portion Kühnheit – ein schönes wie kraftvolles Wort. Für mich heißt es: Rücken durchgedrückt; ich darf auch für mich selbst sorgen. Bis aus dieser Manifestation Wirklichkeit wird, dauert es aber wohl noch etwas. So lange halte ich es mit Hugo von Hofmannsthal: „Wer die höchste Unwirklichkeit erfasst, wird die höchste Wirklichkeit gestalten.“
Mein aktuelles Lieblingswort ist das Wort heiter. Axel Hackes Buch hat mich inspiriert: „Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Leben sein sollte“. Das Buch liest sich wie ein Weg aus einem Labyrinth von Unwägbarkeiten. Einen Weg, auf dem man sich selbst findet und Frieden schließt mit dem, was hinter einem liegt. Axel Hacke schreibt: „Man kann beides sein, untröstlich und heiter, zugleich oder nacheinander, wie auch immer. Es geht nicht nur um das Ernste oder das Heitere, sondern um beides zusammen.“ Damit ist Heiterkeit nicht nur ein Wort, das eine Stimmung beschreibt oder ein Gefühl. Es ist vielmehr ein Wort, das eine Haltung zum Leben ausdrückt, die den Unterschied machen kann zwischen dem, was unwirklich und was wirklich ist.
So stelle ich mir also einen Raum vor, der schmerzhafte wie schöne Erfahrungen fassbar macht und miteinander versöhnt. Einen Raum, für den es keine Einladung gibt, die Ort und Zeit nennt und bei Erscheinen zu einer neuen Leichtigkeit führt, sondern dessen Tiefe sich erst eröffnet, wenn wir uns selbst einladen und uns trauen, über die Schwelle zu treten. Niemand lehrt mich das übrigens so gut und großzügig wie meine wunderbar kühne Teenager-Tochter:
Ich: Wo wir gerade sprechen, hast du meine Nachricht gelesen? Ich brauche noch eine Antwort.
Sie: Welche Nachricht?
Ich: Die, die ich vor ein paar Stunden in unsere Familiengruppe geschrieben habe.
Sie: Ach so. Die konnte ich nicht lesen.
Ich: Warum nicht? Du bist doch fast mit deinem Handy verwachsen.
Sie: Sehr witzig. Ich habe die Familiengruppe archiviert.
Ich: Bitte?
Sie: Spaß!
Ich: Und im Ernst?
Sie: Ich hole sie aus dem Archiv.
Ich: Danke sehr.
Sie: Aber spammt mich bitte nicht mehr zu.
Ich [in Gedanken]: Das kann ja nur heiter werden.
Ich nehme mich also beim Wort, tröste mich und übe ich mich darin, vergnüglich zu sein. Meine Wirklichkeit soll von Heiterkeit bestimmt sein.
Fräulein Athene
Zum Nach- und Weiterlesen:
Hacke, A. (2023). Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte(2. Aufl.). DuMont.
Spicker, F. (2024): Aphorismen der Weltliteratur (3. Aufl.). Reclam.